Der gesamte Kontinent wurde bis dahin völlig übersehen oder nur als chronisch von Krankheit, Epidemien, Hunger und Kriegen heimgesucht wahrgenommen. Die Dinge haben sich verändert, trotz der Fantasien und Ressentiments, die Afrika immer noch bei denen hervorruft, die nie dorthin gereist sind und nichts von den großen Veränderungen, dem ökonomischen Wachstum und den fruchtbaren Kunstszenen wissen.
Nur ein vages Bild
Der Erfolg von Künstlern der Diaspora wie Barthélémy Toguo oder Pascal Marthine Tayou hat auch die Künstler vom Kontinent stärker ins Scheinwerferlicht gerückt und ihren Markt angekurbelt. Vor kurzem begann François Pinault, massenhaft afrikanische Fotografie zu erwerben, und er hat auch Werke von Nicolas Hlobo oder Ousmane Sow gekauft. “Diese Künstler sind durch und durch afrikanisch und universell“, betont André Magnin, einer der wichtigsten Händler auf diesem Gebiet. Vor drei Jahren ging die 1:54, eine neue, komplett der afrikanischen Gegenwartskunst gewidmete Messe in London während der Frieze-Kunstwoche mit großem Erfolg an den Start. “Zu ihrer letzten Ausgabe kamen viele Sammler, die eigentlich die Frieze besuchen, und zeigten sich sehr enthusiastisch. Die meisten von ihnen hatten bisher nur ein sehr vages Bild von afrikanischer Kunst“, berichtet Touria El Glaoui, Gründerin und Direktorin der Messe, die dieses Jahr vom 15. bis 18. Oktober stattfinden wird. Eine weitere Messe mit dem Titel AKAA (kurz für: Also known as Africa, zu deutsch: Auch als Afrika bekannt) wird am 3-6. Dezember in Paris Premiere feiern.
Nur wenige Sammlungen mit Schwerpunkt Afrika
Abgesehen von Jean Pigozzi und Hans Bogatzke, dessen Sammlung zum Teil von dem afrikanischen Sammler Sindika Dokolo gekauft wurde, haben nur wenige Sammler afrikanische Kunst zum Hauptbestandteil ihrer Sammlung gemacht. Zu denen, die es getan haben, gehören Gervanne und Matthias Léridon. Einer der Gründe dafür ist, dass nur wenig produziert wird. Ein Künstler wie Cheri Samba, Star einer populären Kunstbewegung im Kongo, produziert im Jahr nur ein Dutzend Bilder. Aber der Markt ist mit neuen Sammlern aus Afrika in Schwung gekommen, darunter (Kongolese,d.Ü.) Sindika Dokolo oder der junge, (in London lebende,d.Ü.) Nigerianer Theo Danjuma.
Meist sehr bezahlbare Preise
Obwohl die Preise für einige Künstler wie den ghanaischen Bildhauer El Anatsui oder den britisch-nigerianischen Künstler Yinka Shonibare in die Höhe geschnellt sind, sind die meisten afrikanischen Künstler noch sehr gut zu bezahlen. “Die Sammler beginnen zu realisieren, dass sie wichtige Künstler kaufen können, die nur ein Zehntel von dem kosten, was sie für so genannte internationalen Künstler zahlen müssen“, sagt André Magnin. „Ein großes Gemälde von Cheri Samba kostet €100.000. Bei diesem Preisniveau könnte man 20 Quadratmeter eines chinesischen Gemäldes kaufen! Warum sollten Sammler nicht afrikanische Kunst erwerben, während sie chinesische oder indische Künstler zu hohen Preisen kaufen?“
Auktionen noch zurückhaltend
Dennoch sind die Auktionen noch zurückhaltend. 1999 wurden einige Werke der Pigozzi-Sammlung bei Sotheby’s mit gemischten Ergebnissen verkauft. Noch nicht so lange her organisierte André Magnin Auktionen in Paris, aber ohne großes Aufsehen zu erregen. Unweigerlich werden die Preise steigen, Schritt für Schritt. Noch braucht Afrika mehr Engagement seitens lokalen Käufer und seiner eigenen Regierungen. Einige afrikanische Sammler haben die Förderung afrikanischer Kunst bereits zu ihrer Mission gemacht. In Benin hat die Zinsou-Familie ein Museum aufgebaut, das erste dieser Art in Afrika, und unterstützt unermüdlich lokale Künstler. Der Maler Barthélémy Toguo versucht ebenfalls durch den Bau des Bandjoun Station Art Center in Westkamerun, afrikanische Künstler zu fördern. Aber bisher sind die großen Initiativen zumeist auf Südafrika begrenzt, wo es zwei Kunstmessen und Galerien gibt und bald ein Museum für zeitgenössische Kunst eröffnet, das der private Sammler Jochen Zeitz bauen lässt. “Lokale Unterstützung, Investitionen zum Aufbau von Museen, Kunstzentren, Festivals und Biennalen sind zwingend erforderlich”, sagt 1:54-Gründerin Touria El Glaoui. “Afrika braucht auch mehr Galerien.”
Roxana Azimi/ Übersetzung: Carola Torti